»Das Leben geht weiter. Auch wenn es humpelt…«

Kim Cremer

Am 16. April 2013 – diesen Tag werde ich nie vergessen – hatte ich einen schweren Verkehrsunfall. Mir wurde auf dem Motorrad von einem PKW die Vorfahrt genommen. Ein alter Opel GT erwischte mich mit seiner Metallstoßstange genau auf Höhe der Fußraste. Mein Fuß wurde zwischen seiner Stoßstange und meinem Motor zerquetscht. Der Fuß platzte auf wie eine überreife Orange und alle Knochen wurden mehrfach gebrochen.

Über 20 OPs folgten, Versteifungen und Hauttransplantationen inklusive Ader-Transplantationen waren notwendig. Der Fuß – oder etwas, das an ihn erinnerte – wurde mehr schlecht als recht wiederhergestellt. Trotzdem blieben die Schmerzen. Ich konnte mein Bein täglich nur eine Stunde lang schmerzfrei belasten. Um überhaupt irgendwie aktiv zu bleiben, kaufte ich mir ein eMTB, um kleine Touren mit den Kindern und meiner Family zu fahren. Leider war selbst das ebiken nur unter großen Schmerzen möglich. Es drückt und zog zugleich, es stach – und egal wie man den Fuß legte oder stellte, der Schmerz blieb. Ich biss mich durch.

Nach insgesamt vier Jahren permanenter Schmerzen, erfolgloser Schmerztherapie und einer Umschulung war klar, dass nur eine Stunde Belastung am Tag nicht mein Ziel war. Aber Ärzte und Therapeuten konnten mir diese Zeit nicht verlängern. Also nahm ich Abschied von dem Fuß und lies mich im Juli 2017 links am Unterschenkel amputieren. Auf eigenen Wunsch.

»Seit ich Magnet-Pedale fahre, bin ich im Kopf ungehemmter«

Damit ist mein Hobby Radfahren wieder möglich! Natürlich war die Eingewöhnung mit der Prothese anfangs etwas schwer. Ich kontrollierte andauernd ,ob ich noch auf dem Pedal stand. Pedalieren im Stehen ging nur schwer, je nach Rad und Sitzposition gar nicht, denn was mir fehlt, ist das Gefühl im Fuß. Ich muss mich »blind« darauf verlassen, tatsächlich auf dem Pedal zu stehen. Nachdem ich ein paar Mal abgerutscht war und mir auch mal die Prothese voll vor den Daumen am Lenker gehauen habe, wollte ich Klickpedale verwenden. Beim Recherchieren entdeckte ich die Magnetpedale von MagPed. Der Fuß (okay, in meinem Fall: die Prothese) wird dabei mit einem Magneten am Pedal gehalten. Seitdem fahre ich recht sicher auf den Pedalen und bin vom Kopf ungehemmter.

Mittlerweile ballere ich mit einem eMTB-Fully durch den Wald, fahre 3-Tages-Touren von »Rock my Trail« mit und war im Bikepark Winterberg unterwegs. Auch schon die ersten Sprünge auf Freeride-Strecken wie der Halde Hoppenbruch sind möglich. 

Ich liebe es, mit dem eMTB so mobil zu sein – und wenn mal wirklich auf dem Weg nach Hause die Körner alle sind, wird eben die Unterstützung eine Stufe höher geschaltet. Diese Flexibilität und Sicherheit macht mich mobil und lässt mich sorgenfrei etwas von der Welt sehen. Ich kann  draußen Zeit mit meiner Family und guten Menschen verbringen.

Das ist etwas, was ich sehr wertschätze. Und nicht nur ich! Meine Töchter Alexa und Liana haben sich vor der Amputation stets geärgert und waren oft sehr traurig darüber, dass ich bei aktiven Unternehmungen oder Ausflügen daheim geblieben bin. Ich konnte es einfach nicht. Schmerzen, Tabletten und die dadurch geförderte Trägheit und Aggression ließen es nicht zu. Vier verdammte Jahre!

Und jetzt, gut ein Jahr nach der Amputation? Ich hätte nie gedacht, dass wir einmal das Mountainbiken als gemeinsames Hobby teilen und meine Mädels mich fast täglich mit dem Helm in der Hand nerven. »Papa, können wir ne Runde zum Trail?« Hoch und runter, unermüdlich. Nach einem Sturz ärgern wir uns nur kurz – dann gibt’s die gleiche Runde nochmal. Hauptsache was mit Papa erleben und Spaß haben.

Ohne eBike wäre das in dieser Art nicht möglich gewesen. Ich mache auf jeden Fall weiter. Aufgeben war nie eine Option für mich. Gerade habe ich ein neues eMTB bekommen. Mittlerweile fühle ich mich so fit, dass ich mir 2019 noch ein zusätzliches Bike ohne Motor kaufen möchte. Einfach um noch flexibler für meine Familie zu bleiben.

 

Mehr von und über Kim erfährst du in seinem Blog (auf das Bild klicken).

 


 

Das Gespräch mit Kim Cremer führte Marc Burger.

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